Hey Boss, ich bin dann mal weg!
Auf einmal liegt die Kündigung auf dem Tisch und wenn es dicke kommt, sogar mehr als eine.
So manch ein Arbeitgeber fällt aus allen Wolken, wenn Mitarbeitende scheinbar unvermittelt kündigen.
Nicht nur das es in einer Engpass-Situation schwierig wird, Aufträge termingerecht und zuverlässig abzuarbeiten. Auf die Schnelle und ohne Pool lassen sich neue Fachkräfte nur schwer finden. Selbst wenn es gelingt neue Mitarbeiter kurzfristig zu rekrutieren, steht zunächst eine zeit- und personalintensive Onboarding- und Einarbeitungsphase an. Erst danach entfalten die Neuen ihre volle Wirksamkeit, wenn sie denn bleiben.
Doch warum suchen Mitarbeitende ihr Glück in der beruflichen Neuorientierung?
Lockte schlicht der Wettbewerber mit besserer Bezahlung, kürzeren Arbeitswegen und mehr Urlaubstagen? Wurden Erwartungen enttäuscht, zu viel gefordert oder hat es zwischenmenschlich nicht gepasst? In den seltensten Fällen ist es der eine Grund, sondern eine Mischung vielschichtiger Aspekte. So kommt dann eins zum anderen und früher oder später wird eine Trennung denkbar. Fast immer ist es dann auch besser, wenn diese vollzogen wird. Denn eine „innere Kündigung“ ist in ihrer Konsequenz für die Belegschaft im betroffenen Unternehmen noch viel verheerender.
Manch ein Arbeitgeber setzt bereits in der Stellenanzeige auf scheinbar gute Argumente wie Obstkorb, Dienstfahrrad, mehr Urlaubstage oder den völlig überschätzten Tischkicker. Alles schön und gut - aber lediglich für die Kategorie >Goodies<.
Mal ehrlich, wer den Früchtekorb allen Ernstes in einem Stellenangebot erwähnt, der hat sonst wohl nicht all zu viel zu bieten.
Als Elemente der Mitarbeiterbindung taugen die Goodies nicht viel, denn sie erzeugen lediglich eine schwache emotionale Bindung an das Unternehmen. Sie werden ganz schnell als selbstverständlich wahrgenommen.
Möchtest du wissen wie du zum Wunscharbeitgeber wirst?
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Fehlbesetzungen vermeiden
Es macht zwar Arbeit, aber es lohnt sich das Stellenprofil mit der Führungskraft im Fachbereich genau zu definieren. Fachliche Anforderungen sind zu klären, aber auch welche Persönlichkeit gut ins Team passen würde. Welche Gründe führen zu einer Ablehnung oder Einladung von Bewerbern? Kurzum ein strukturierter Prozess für das Bewerbermanagement sowie sinnige Jobinterviews sind mehr als empfehlenswert.
Doch der eigentliche Fehler, der oft zu Fehlbesetzungen führt, ist die Bereitschaft aus Zeitnot oder Bewerbermangel auf die zweite Wahl zu setzen. Wenn Bewerber so lala sind, steigt gern die Tendenz zur Autosuggestion (das wird schon noch, wir könnten es ja ausnahmsweise mal probieren).
An dieser Stelle drohen teure Fehlentscheidungen, denn in aller Regel wird es nicht besser, sondern eher schlimmer. Die Fehlentscheidung führt dann über kurz oder lang in einen neuen Rekrutierungsprozess. Zuvor wird das Team in Mitleidenschaft gezogen und die Kundenzufriedenheit sinkt ebenfalls. Fehlbesetzungen kosten Zeit, Geld, Nerven und Reputation. Ein guter Rekrutierungsprozess schafft Abhilfe und sorgt für passende Bewerber.
Wertschätzendes Onboarding
Wenn neue Mitarbeiter kündigen, dann kündigen 59% wegen mangelnder Wertschätzung.
Diese Zahl hat die BCG (Boston Consulting Group) vor einigen Jahren in einer Studie veröffentlicht.
15% aller Arbeitnehmer, denken bereits am ersten Tag über eine Kündigung nach. In der Regel, weil der Arbeitgeber nicht vorbereitet war und Erwartungshaltungen enttäuscht wurden.
Deshalb startet ein guter Onboarding-Prozess bereits bevor neue Mitarbeiter im Unternehmen eintreffen, zumeist läuft er begleitend in der Probezeit, also ca. ein halbes Jahr. Später folgt dann das Talentmanagement um die Weiterentwicklung zu forcieren. Doch als erstes sorgt gelingendes Onboarding gleichermaßen für fachliche Integration und soziale Einbindung. So kann sichergestellt werden, wer wann welche Lerninhalte in welchem Umfang vermittelt und wie Lernerfolge überprüft werden. Auch Kommunikationsabläufe und Interaktion werden berücksichtigt. Das liest sich vielleicht etwas statisch oder vorgefertigt langweilig - doch ein guter Prozess ermöglicht eine gleichbleibend hohe Einarbeitungsqualität und bietet allen Beteiligten Sicherheit sowie Klarheit, er ist auch eine zwingende Voraussetzung falls ein virtuelles Onboarding notwendig wird.
Beim Onboarding-Prozess geht es allerdings keineswegs um eine Schonfrist, sondern um die Grundlage einer möglichst langfristigen Arbeitsbeziehung, an die beide Parteien zu Recht klare Erwartungen haben, die idealerweise auch kommuniziert werden.
Emotional (ver)binden
Die täglichen Erfahrungen der Mitarbeitenden entscheiden, ob ein Unternehmen starke Fürsprecher hat und ob innige Beziehungsbande entstehen können.
Der starke Zusammenhalt unter Kollegen und ein gutes Verhältnis zur Führungskraft zählen dabei genauso zu den Wohlfühlfaktoren, wie Aufgaben, die zu den eigenen Stärken passen und die persönliche Entwicklung fördern. Eine Studie von Xing hat aufgezeigt, dass lediglich 46% aller Arbeitnehmer den Sinn ihrer Tätigkeit im Unternehmenskontext verstehen. Das bedeutet im Umkehrschluss, 54% haben keinen Bezug zu den Unternehmenszielen oder gar einer aktivierenden Vision. Wobei junge Arbeitnehmer sogar auf bis zu 23% ihres Gehalts, für einen sinnhaften Arbeitsplatz, verzichten würden. Neben dem WARUM oder neudeutsch >Purpose< spielt auch die Unternehmenskultur eine herausragende Rolle. Wenn eine werte- und personenorientierte Haltung, durchgängig im Betrieb gelebt wird, entsteht fast zwangsläufig eine hohe Identifikation. Der Arbeitgeber wird dann als absoluter Wunscharbeitgeber wahrgenommen.
Wer sich erst einmal den Status >Wunscharbeitgeber< verdient hat, braucht sich auch nicht vor Wettbewerbern zu fürchten, die mit höheren Löhnen locken, bekanntere Namen führen oder an begehrten Standorten residieren.
Es gibt also nicht den einen Trick um Mitarbeitende im Unternehmen zu halten. Viel mehr gibt es Organisationen, die sich in Bezug auf ihre Arbeitgeberattraktivität in einer Art Aufwärtsspirale bewegen. Sie bewirken positive Effekte auf unterschiedlichen Ebenen und erzielen Markterfolge, die auf innerer Stärke beruhen. Der Schlüssel dazu ist die Mitarbeiterorientierung, sie führt zu profitabler Kundenorientierung.
„Ohne Mitarbeiter, kein Unternehmen und ohne Kundennutzen, kein Unternehmenszweck“.
Der Artikel wurde im Branchenmagazin punktum.betonauteile unter dem Titel >Hey Boss, ich bin dann mal weg!< in der Ausgabe 3/2021 (Seite 26/27) veröffentlicht.
Ich befürchte, die aufgezeigten Weisheiten fallen unter "Wertschätzung von Mitarbeitenden". Leider haben große Firmen zu schnell den Kontakt zu kleinen Mitarbeitern verloren, in kleinen Firmen werden zu viel "kleine Aufgaben" von überqualifizierten Mitarbeitern ausgeführt und leider sind auch viele Aufgaben einer permamenten Weiterbildung unterworfen, gesetzliche und kostenbedingte Veränderungen, das viele klassische Berufe nicht mehr existieren. Bäcker, Metzger, Schreiner, Schlosser und viele andere Berufe sind vielfach zu Maschinen-bediener degradiert und können Fähigkeiten nicht mehr vor Ort zeigen. Gravierend haben sich damit auch Erwartungen der Kunden geändert. Ein Kreislauf, eine Spirale, die irgendwo das Wort Beruf von der Berufung trennt und eine Tätigkeit zum Job wird, zum reinen Geldbeschaffen dient. Und dann ist es fast egal, ob jetzt der/die/das Chef/in/s dem reinem Kommerzgedanken dienen…